Hybride/ verteilte Teams (nicht nur) im Home-Office effektiv und motivierend aus der Ferne führen
Die Digitalisierung der Unternehmen und der Wirtschaft ist längst keine Vision mehr. Industrie 4.0 hat bereits heute weitreichende Auswirkungen auf die Art wie wir arbeiten und leben. Getrieben wird die Digitalisierung einerseits von technologischen Faktoren (Mobilität, Big Data, künstlicher Intelligenz, Vernetzung und Cloud Computing, andererseits von daraus resultierenden ökonomischen Veränderungen (Globalisierung der Wirtschaft und New Economy). Haupttreiber sind dabei Mass-Customization und Knopfdruck-Ökonomie, bei der Produkte und Dienstleistung individualisiert nach einem Tipp auf dem Smartphone in kurzer Zeit zum Kunden gebracht werden. Immer mehr Menschen kaufen ihre Waren und Dienstleistungen über das Internet. Wie eine Google-Studie bereits im Jahr 2015 belegte: dies gilt zunehmend auch für den B2B-Vertrieb. „B2B goes B2C!“, so dass Fazit der Google-Studie. Unternehmen, die ihre Digitalisierung, sowohl nach extern wie auch intern, nicht im Griff haben, könnten bald ins Hintertreffen geraten.
Individuelle Lebensentwürfe bestimmen die Motivation
Zudem wird die Digitalisierung getrieben von dem gesellschaftlichen Megatrend unserer Zeit: Individualisierung. Aktuelle Studien zeigen, dass Einkommen und Karriere gegenüber individueller Lebensqualität (Sinn) als Motivatoren massiv an Bedeutung verlieren. HR-Manager berichten, dass sich „digitale Talente“ in Vorstellungsgesprächen ausführlicher zu den Möglichkeiten eines Sabbaticals informieren lassen, als zu Gehaltskomponenten. Für sie werden flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum Home Office immer wichtiger, nicht zuletzt, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen.
Ein Virus wird zum Beschleuniger virtueller Arbeitswelten
Eine der wohl offensichtlichsten Auswirkungen des Corona-Lockdowns 2020 war und ist, dass plötzlich in bisher nie gekanntem Ausmaß im Home Office gearbeitet wird. Aktuell geht die Experten-Community davon aus, dass sich tageweises Home Office nach Ende der Pandemie als Arbeitsumgebung in den Firmen fest etabliert haben wird. Ein klares Plus beim Arbeitgeber-Branding nicht nur bei den Generationen Y und Z.
Digitaler Workspace – schöne neue Welt
Das Arbeiten unabhängig von Zeit und Raum ist durch die Digitalisierung schon seit längerem möglich. Vernetzung, Cloud-Computing und mobile Endgeräte ermöglichen digitale Formen von Kommunikation und Kollaboration.
So können sich die Mitglieder eines Teams im Chat in virtuellen Gruppen-Channels zusammen schließen, um agil in themenspezifischen Konstellationen auch über Distanzen hinweg zusammenzuarbeiten. Der Chat ist dabei mehr als einfach nur eine Unterhaltung: In ihm können Audio- oder Videokonferenzen gestartet werden. Bei Besprechungen von Dokumenten können diese direkt von allen Teilnehmern parallel eingesehen und bearbeitet werden (collaborative editing). Alle Dateien sind dabei für alle Teammitglieder in einem Cloud-Laufwerk für späteren Zugriff oder gemeinsame Bearbeitung gespeichert. Natürlich gehört auch ein digitaler Kalender mit in die Remote-Tool-Box. Somit sind alle Meetings zentral planbar. Ebenso kann die Aufgabensteuerung im Team über ein digitales Pin-Board (KANBAN-Tafel) erfolgen, sowie ein digitales White-Board für Kreativprozesse mit einbezogen werden. Dabei ist es schon fast selbstverständlich, dass sich die eingesetzten digitalen Tools plattformübergreifend mit stationären Desktop-PCs und iMacs ebenso gut wie mit portablen Geräten, also Laptops, Tablets und Smartphones sowie den wichtigsten Betriebssystemen verstehen.
Der Beweis ist erbracht: Home Office funktioniert! Und für eine effektive Zusammenarbeit muss man nicht mehr über Kontinente reisen. Ehemals technikscheue Mitarbeiter:innen tummeln sich nun in Videokonferenzen und nutzen digitale Kollaborationsplattformen. Die firmenseitigen Bedenken gegenüber Home Office-Arbeitsplätzen entpuppen sich in Pandemie-Zeiten gerade in vielen Fällen als Vorwände. Das Problem scheint weniger die Einrichtung einer VPN-Verbindung gewesen zu sein, sondern eher der vermeintliche Kontrollverlust der Führungskräfte.
Digitales Arbeiten braucht digitale Führung
Quasi über Nacht ist es nun erforderlich das Verhalten der verteilt arbeitenden Team-Mitglieder zu koordinieren. Mit anderen Worten, es braucht die effektive und motivierende Führung verteilter Teams. Diese Kompetenz von Führungskräften wird zum Schlüsselfaktor, damit der digitale Workplace erfolgreich gelingt. Digital Leadership (Remote Leadership) ist damit der zentrale Baustein für eine erfolgreiche Umsetzung einer Digitalisierungs-Strategie im Unternehmen. Wer das gut kann, hat die Nase vorn.
(neue) digitale Führungskräfte braucht das Land
Mal schnell vorbei schauen, mal eben über den Gang abstimmen, auf dem Weg noch was zurufen, fällt erst mal alles weg, wenn jeder für sich im Home Office arbeitet. Was es jetzt braucht ist der Schritt vom Management by Walking Around hin zu Leadership by Fernsteuerung: agil, offen, vernetzt und zugleich ergebnisfokussiert; in der permanenten Balance zwischen direktivem und partizipativem Führen, zwischen Vorgabe und Selbstorganisation.
Wie geht …?
Viele Fragen tauchen damit auf: Sind digitale Tools die Lösung und welche Tool-Suite ist die beste für Remote Leadership? Welche Situationen, welche Themen bzw. Kommunikation sollte am besten über welches digitale Tool (eMail, Telefon, Video) erfolgen? Kann man Konflikte remote lösen? Wie kann man remote persönliche 1:1 Mitarbeitergespräche führen? Wie können Team-Meetings effektiv digital durchgeführt werden? Geht remote on-boarding? Wie gestaltet man eine gutes Online-Meeting? Kann man kritische Mitarbeitergespräche remote durchführen? Wie hält man als Führungskraft Dringlichkeit und Fokus aufrecht, wenn die Mitarbeiter im Home-Office sind?
Bei Führung geht es um Menschen nicht um Tools – auch wenn Führung remote ist!
Das Wichtigste beim Remote Führen ist und bleibt, dass die Führungskraft gut führt. Remote-Leadership bedarf dabei einer noch konsequenteren Umsetzung der Führungsaufgaben als die Präsenz-Führung. Schlechte Führung wird durch Digitalisierung nicht besser. Und gute Führung hängt sowohl vom eigenen Rollenverständnis als auch von den eingesetzten Managementinstrumenten ab. Dabei spielt Psychologie für gute Führung eine weitaus größere Rolle als Software. Die Technik hilf dann, Entfernungen und Zeitzonen zu überbrücken, damit gute Führung stattfinden kann.
Die Führungs-Aufgabe steht auch bei Remote Leadership im Vordergrund. Bei Führung geht es in erster Linie immer um Menschen – nicht um Methoden und nicht um Tools. Bei allen zur Verfügung stehenden Softwarelösungen ist es beim Remote Leadership nach wie vor von zentraler Bedeutung, dass die Führungskraft führt.
Digitale Tools sind das Vehikel des Remote Leadership
Tools zur digitalen Kommunikation und Kollaboration gibt es inzwischen zuhauf. Das reicht von Apps, die sich ganz speziell auf einen Kommunikations-/ Kollaborations-Kanal fokussieren (z.B. Chat, WebConferencing, digitales WhiteBoard, Cloud, Aufgaben- und Terminsteuerung, …) bis hin zu ganzen Kollaborations-Plattformen (Google G Suite, Microsoft Teams, SLACK, Workplace from Facebook, …), die eine integrierte Tool-Box bilden und eine Vielzahl von Tools unter einem Dach integrieren. Das Angebot digitaler Werkzeuge ist reichlich unübersichtlich, die passende Auswahl daher situationsbezogen zu treffen – wie immer.
Die Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Tagesaktualität oder Vollständigkeit. Auch stellt die Auflistung KEINE Produktplatzierung dar,
sondern soll einen Einblick, im günstigsten Fall einen Überblick geben.
Die im Remote-Leadership eingesetzten Tools sind jedoch nicht der entscheidende Faktor für den Erfolg digitaler Führung! Entscheidend ist, dass jeder im Team die verwendeten Tools benutzen kann (Zugang), sich (zu)traut sie zu nutzen (Kompetenz) und keinen Widerstand dagegen hegt, weil sie z.B. eine Änderung von Gewohnheiten, Einarbeitungsaufwand, … bedeuten. Es ist daher ratsam Tools einzusetzen, die bekannt sind und schon beherrscht werden. So wenig Tools wie möglich – so viele wie nötig! Weniger ist auch hier mehr!
10 Erfolgsfaktoren, mit denen Remote Leadership in der Praxis gelingt
1. Gehen Sie als digitales Role-Model voran: dazu brauchen Sie mehr als die Basis-Kompetenzen für Digitalisierung – experimentieren und lernen Sie gemeinsam im Team. Nutzen Sie Best-Practice!
2. Definieren Sie Strukturen (Rollen, Aufgaben, Verantwortung, Abläufe und Prozesse) neu: alte Strukturen in ein verändertes Modell zwängen, wird nicht erfolgreich sein.
3. Definieren Sie klare Verhaltensregeln für die digitale Zusammenarbeit: welche Tools nutzen wir wie, in welcher Form für welchen Zweck.
4. Ganz ohne Kontrolle geht auch Remote Leadership nicht: digitale Führung braucht klare Abstimmungen zu notwendigen Arbeitsergebnissen und Statusüberprüfung.
5. Sorgen Sie für ausreichend Ressourcen damit sich alle im Team in die neue Technik einarbeiten, und parallel das Tagesgeschäft sowie die Projekte erledigen können.
6. Bereiten Sie digitale Meetings gut vor und halten Sie sie knackig und kurz: nie ohne Agenda!!! Die Ergebnisse gleich während des Meetings verschriftlichen (collaborative editing).
7. Setzen Sie möglichst Tools ein, die bekannt oder zumindest einfach zu lernen und zu handhaben sind.
8. Nutzen Sie so wenige Tools wie möglich und so viele wie nötig: Fokussieren Sie sich auf wenige Tools mit großen Auswirkungen auf die Zusammenarbeit. Weniger ist auch hier mehr!
9. Vereinfachen Sie Arbeitsabläufe und Prozesse durch Digitalisierung: nuten Sie vorhandene Software.
10. Finden Sie eine stabile Balance zwischen Offenheit, echtem Interesse am Menschen und viel Feedback sowie wie Klarheit, Disziplin und Ergebnisorientierung.